Mittwoch, 10. Juli 2013

Auf der Straße des Todes

Nachdem wir uns von der Besteigung des Huayna Potosi erholt und neue Kraft geschöpft hatten, waren von unserer Zeit in Bolivien noch drei Tage übrig, die wir natürlich sinnvoll nutzen wollten.
Schon zu Beginn unseres Urlaubs hatte uns Michael von einer ganz besonderen Aktion erzählt, die wir unternehmen sollten, falls wir die Zeit hätten. Es handelt sich dabei um eine Mountainbike-Tour auf der sog. "Strasse des Todes".
Wir waren ob des Namens natürlich neugierig geworden, und beschlossen nun, dieses Abenteuer auch noch zu bestehen.
Sicherlich erzeugt der Name beim Leser auch eine gewisse Neugier, und so folgen nun einige Fakten zu dieser Route. Es handelt sich dabei um eine Verbindungsstraße vom bolivianischen Hochland in die subtropischen Gebiete der sog. Yungas. Ausgangspunkt ist ein ca. 20km von La Paz entfernter Pass von 4700mH, von dem aus es beständig bis auf 1200mH auf einer Strecke von 60km abwärts geht.
Nun, das ist sicher schon ganz interessant, erklärt aber nicht den zunächst reißerisch klingenden Namen. Den hat diese Strecke im Jahr 1996 von der ... Development Bank erhalten, indem sie sie zur gefährlichsten Straße der Welt erklärte. Jährlich gab es hier bis zu 300 Tote zu beklagen. Die Gründe hierfür sind vielfältig: die Straße ist nicht asphaltiert, extrem schmal, häufig durch Regenfälle rutschig und praktisch ohne Randbefestigung. Und das wichtigste: sie schlängelt sich einige hundert Meter über dem Talgrund an extrem steilen Hängen entlang. Um die Lage ein wenig zu entschärfen, gilt auf dieser Strecke auch eine in Bolivien einmalige Regel: der Linksverkehr. Dadurch soll erreicht werden, dass aufwärts fahrende Fahrzeuge bei Begegnungen nicht an der gefährlichen Talseite manövrieren müssen.
Nun gehören wir beide ja bekanntlich nicht zu der Sorte Menschen, die unbedingt Abenteuer auf Leben und Tod bestehen wollen. Und tatsächlich ist das Befahren der "Death Road" mit dem Mountainbike heutzutage ein professionell veranstaltetes Event, das ein nicht zu hohes Risiko beinhaltet. Grund hierfür ist insbesondere die seit 2007 existierende neue Straße, die gut ausgebaut und asphalitiert ist und über die praktisch der gesamte motorisierte Verkehr läuft. So sind fast ausschließlich Mountainbikegruppen mit ihren Begleitfahrzeugen auf der alten Straße unterwegs. Die fahren natürlich alle bergab, so dass das Hauptrisiko, nämlich eine unerwartete Begegnung, kaum noch existiert.
Nach so viel Einleitung nun zu unseren Erlebnissen: wir wurden am Mittwoch früh um 7:30 Uhr von "Altitude Biking", das ist das Partnerunternehmen, mit dem Andean Expeditions zusammenarbeitet, abgeholt. In dem Minibus saßen insgesamt 12 Personen: neun Teilnehmer, zwei Guides und der Fahrer. Außer uns waren noch zwei Deutsche, ein irisches Pärchen plus Freund, ein Brasilianer sowie eine US-Amerikanerin an Bord.
Unter laut dröhnender Partymusik nahm unser Bus die Fahrt zum Pass "La Cumbre" auf, wo der lange Downhill beginnen sollte. Netterweise spielte auch das Wetter mit, zumindest erst einmal. Kurz hinter dem Pass ging es dann los: die Bikes wurden vom Dach geholt, wir erhielten unsere Ausrüstung, bestehend aus Jacke, Hose, Handschuhen, Knie- und Ellebogenschützern sowie einem Helm. Bei den Bikes handelte es sich um voll gefederte Modelle, die sicher nicht zur 200Euro-Supermarktklasse zählten




Dann gab es noch einige Instruktionen, und los ging es. Allerdings zunächst auf der asphaltierten und breit ausgebauten Straße ca. 10km abwärts. Hier konnten wir ziemlich entspannt rollen lassen, und dank des Sonnenscheins war es auch nicht zu kalt.



Am Ende dieses Abschnitts wartete dann ein kleines Frühstück und die Entrichtung des Eintrittsgeldes in Höhe von 25Bs. pro Person auf uns. Dann ging es wieder per Bus ca. 8km leicht bergauf, bevor wir an den Abzweig der alten von der neuen Straße kamen. Nach ein paar hundert Metern hielt der Bus dann an, und nun wurde die Sache ernst. Wir erhielten noch einmal Instruktionen: auf jeden Fall immer links halten, beim Überholen eines vor uns Fahrenden ankündigen, ob wir links oder rechts passieren wollen und natürlich nicht so schnell fahren. Ein Guide würde immer vor der Gruppe fahren, der zweite mal am Ende, aber zwecks Fotos auch mittendrin, und das Begleitfahrzeug hinter uns.


Dann ging es los, und als ungeübter Mountainbiker fühlte ich mich zunächst schon recht unsicher. Die "Straße" war tatsächlich extrem holprig, von großen Steinen durchsetzt, von Rinnen zerfurcht und auch zunehmend feucht. Denn leider tauchten wir bereits nach kurzer Zeit in Wolken ein, aus denen es dann leicht regnete und die uns die Sicht auf die atemberaubende Tiefe nahmen. Letzteres war vielleicht nicht einmal von Nachteil, da wir so nicht sahen, was links neben uns lauerte.


Nach einer Weile gewöhnte ich mich etwas an diese Art des Radfahrens und war erstaunt, wie gut unsere Räder mit diesem Untergrund klar kamen. Trotzdem war das Festhalten des stark rüttelnden Lenkers und das ständige Bremsen durchaus anstrengend, und konzentrieren mussten wir uns ohnehin. Immer wieder machten wir kurze Fotopausen.


Dabei durfte natürlich die meist fotografierte Stelle auch nicht fehlen. Aufgrund des Wetters wirkte sie allerdings eher mystisch als beängstigend.


Neben dem besonderen Nimbus der Death Road ist die sich ständig verändernde Landschaft ein weiteres Highlight der Tour. Starteten wir ja auf 4700mH in karger Hochgebirgslandschaft, so fuhren wir nun durch einen Nebelwald und sollten die Fahrt schließlich in von Palmen und Bananen bewachsenen Hügeln beenden. Bis es soweit war, mussten wir noch durch kurze Wasserfälle fahren und doch gelegentlichem Gegenverkehr ausweichen. Wie wir erfuhren, war die neue Straße wegen Bauarbeiten zur Zeit nur abwechselnd befahrbar, so dass offensichtlich einige Verkehrsteilnehmer lieber auf die alte Straße auswichen. Während der ganzen Tour erwiesen sich unsere Guides als sehr ruhig und professionell, so dass wir nie das Gefühl hatten, in eine heikle Situation zu geraten.

Nach ungefähr drei Stunden Abfahrt lagen die spektakulärsten Abschnitte hinter uns, und unsere Gruppe machte eine etwas längere Rast, um die Flüssigkeitsreserven wieder aufzufüllen.



Dabei stellten wir fest, dass sich unser Äußeres geringfügig verändert hatte. Nur gut, dass wir die Schutzkleidung trugen, die trotzdem nicht verhindern konnte, dass der Dreck auch in die eigene Kleidung eindrang. Übrigens hatten wir uns extra für die Tour noch Sneaker zum stolzen Preis von 58Bs. gekauft, um die eigenen Schuhe nicht vollkommen zu versauen.



Es folgte noch eine recht steile Abfahrt, bis wir auf 1200mH das Dorf Yolosa erreichten. Dort wurden wir von unserem Begleitfahrzeug wieder eingeladen und zu einer Hotelanlage mit Duschen und einem Schwimmbecken gefahren, wo unser Abenteuer bei einem Essen ausklang. Der Rest der Gruppe fuhr nun wieder zurück nach La Paz. Wir jedoch wollten gern eine Nacht in dem Ort Coroico verbringen. Dieses touristische Dörfchen liegt ca. 500m höher als Yolosa, und früher endeten die Radfahrten dort (die Teilnehmer wurden mit dem Begleitfahrzeug hinaufgefahren).
Eigentlich hatten wir uns vorgestellt, in unserem Hotel am Pool unter Palmen zu liegen. Aber leider gab es zwar einen Pool aber keine Palmen, und vor allem war es dann doch nicht so warm, dass wir unbedingt ins Wasser springen wollten.
Dafür erlebten wir am nächsten Tag noch eine Überraschung, als wir versuchten, mit dem öffentlichen Kleinbus zurück nach La Paz zu fahren. Im neu gebauten und schon wieder leicht vergammelten Busterminal gab es mehrere kleine Verkaufsstellen für die Fahrkarten. Dort konnten wir aber immer nur dann Karten kaufen, wenn gerade ein Bus des Unternehmens ankam. Nun waren aber deutlich mehr Reisende als Busse anwesend, die meisten natürlich Dorfbewohner. Aus unerfindlichen Gründen wussten die immer früher als wir, wann ein Bus welcher Verkaufsstelle ankam, und sofort begann der Run auf letztgenannte. Wir kamen natürlich zu spät (es gab ja auch jeweils nur ca. 9 Plätze zu verkaufen). Hätte uns nicht ein netter Mann aus La Paz, der in Coroico ein Haus besitzt, aus der Klemme geholfen, indem er für uns die Karten mit erwarb, so stünden wir vielleicht noch heute im Busterminal von Coroico.

Montag, 8. Juli 2013

Huayna Potosi (6088m)

Das erste Getöse in unserem Lager ging um kurz vor Mitternacht los. Ein Wecker klingelte, und es rumorte. Bis ca. 2:00 Uhr morgens kam es ständig vor, dass jemand aufstand, an dem Tisch im Lager frühstückte, die Ausrüstung anzog, die Ausrüstung wieder auszog und rumkramte. Wir hatten schon am Vortag und von Berichten erfahren, dass viele zwischen 1:00 Uhr und 2:00 Uhr zum Gipfel aufbrachen. Die immer wieder angeführten Gründe hierfür sind: 1. die Sonne ist auf dem Gletscher zu heiß und brät einen, 2. wenn die Sonne kommt, bekommt man Kopfschmerzen, 3. die Sonne macht den Schnee pampig. Aus unserer Erfahrung in den Alpen und den anderen Bergen, die wir bisher in Bolivien gesehen hatten, hielten wir es nicht für ratsam oder erstrebenswert, den Gipfel als eine komplette Nachtwanderung zu unternehmen.

Unerwarteter Weise waren wir beide wieder eingeschlafen, als unser Wecker um 3:00 Uhr morgens klingelte. Die Themperatur im Lager war ungefähr (so wie wir sie aus dem Zelt kannten) bei 0°C. Wenn wir unser Gepäck selber tragen mussten, verzichteten wir notgedrungen auf Luxus, und so konnten wir nicht in den warmen Daunenjacken frühstücken, wie wir es sonst immer getan hatten. Dafür zogen wir aber schon fast alles an, das wir mit hoch genommen hatten. Zum Frühstück gab es im Rucksack aufgeplatztes Müsli und Himbeertrinkjoghurt, der bei 0°C zum Glück noch flüssig war.

Kurz hinter der Hütte legten wir unsere Gurte, Steigeisen und das Seil an, zückten die Eispickel und Teleskopstöcke und brachen um 3:56 Uhr auf knapp 5150m zu unserem für diesen Urlaub letzten Versuch an einem Sechstausender auf.

Wir folgten der gut ausgetretenen Spur auf dem Gletscher stetig ansteigend nach oben. Es wehte ein extrem kalter Wind, der uns ziemlich zusetzte. Wir folgten der Spur ziemlich lange und monoton den Gletscher hinauf. Unsere Zehen waren Eisklumpen. Unsere Finger wurden in den Handschuhen nicht warm. Der Wind ging sogar durch meine Windstopper Mütze. Trotz der widrigen Verhältnisse fühlten wir uns ein bisschen wie Hollywood-Stars, da es immer wieder ein kleines Blitzlichtgewitter um uns herum gab. Anscheinend handelte es sich dabei um entferntes Wetterleuchten.

Wir machten eine Pause und fragten uns, wann denn die Sonne endlich käme. Es war gerade erst kurz nach 5:00 Uhr und so bald brauchten wir noch nicht auf die wärmenden Strahlen zu hoffen. Wir zogen über die zwei Oberteile und die Windstopperjacken noch unsere Regenjacken und setzten die Kapuzen auf, was zum Glück ein bisschen gegen das Auskühlen durch den starken Wind half.

Zwei Gruppen waren uns schon auf dem unteren Gletscher entgegengekommen, da sie offenbar den Gipfel abgeblasen hatten. Eine weitere Seilschaft bestehend aus einen Brasilianer und seinem Führer aus unserem Lager überholten wir nach dem ersten steilen Aufschwung.


Um kurz vor 7:00 Uhr waren die ersten Anzeichen zu erkennen, dass auch diese Nacht in einen Tag übergehen würde. Über uns sahen wir beim Aufgang der Sonne den Gipfel des Huayna Potosi, auf dem sich nach und nach kleine schwarze Punkte versammelten. Der Großteil der Seilschaften war also pünktlich zum Sonnenaufgang auf dem Gipfel angekommen.


Wir konnten nun die Stirnlampen ausschalten, und es wurde allmählich auch ein bisschen wärmer, auch wenn die Sonne ihre volle Kraft noch nicht entfaltet hatte. Unterhalb des Gipfels auf einem kleinen Plateau mit der einzigen nennenswerten kleinen Spalte des Aufstiegs kamen uns die ersten Gruppen entgegen, die nun im Gänsemarsch den Grat vom Gipfel wieder hinunter kamen.

Einer der Führer sagte uns, der Aufstieg würde von hier noch eine Stunde dauern und seine Geführten wünschten uns viel Glück.


Nachdem wir unter dem Gipfel gequert waren, erreichten wie den Beginn des steilen und schmalen Grats zum Gipfel. Die Spur vieler Begehungen vor uns war deutlich im Firn zu sehen und erleichterte den Aufstieg. An einigen Stellen war der Grat jedoch ziemlich schmal und die Spur gerade einmal einen Fuß breit. Hier und da konnte man den Pickel in den Firn an der Seite schlagen, um noch ein bisschen mehr Stabilität beim Aufstieg zu bekommen.


Gute vier Stunden nach unserem Start erreichten wir bei Sonnenschein den schmalen Gipfel um kurz nach 8:00 Uhr auf 6088m Höhe.


Wir genossen, immer noch eingepackt in alles, was wir gegen den Wind aufbieten konnten, die Aussicht und den Moment, in dem ich meinen ersten und Chuck seinen zweiten Sechstausender erfolgreich bestiegen hatten.


Der Aufstieg hatte uns ziemlich mitgenommen. Es war anstrengend. Auf dem Plateau unterhalb des Gipfels, auf dem wir die anderen Gruppen getroffen hatten, machten wir eine kurze Pause, um etwas Tee zu trinken. Wir waren beide froh, dass es von nun an nur noch bergab gehen würde und dass der Gletscher keine großen Schwierigkeiten mehr bereithalten würde.


Nach zwei weiteren Stunden waren wir die mühsamen knapp 1000 Höhenmeter wieder hinutergewackelt und abermals am Hochlager dem Campo Alto Roca angekommen. Am Tag vorher hatten wir unsere Fahrer Fredy etwas defensiv gebeten, uns unten am Pass um 14:00 Uhr abzuholen. Den Pass sollten wir im Abstieg vom Hochlager in ca. einer Stunde erreichen können, und so versuchten wir Fredy mitzuteilen, dass er uns ein paar Stunden früher abholen sollte. Ich lief um die ganze Hütte und ließ mir Plätze zeigen, an denen ich Handyempfang haben sollte - es war vergebens, und ich konnte keinen Anruf tätigen.

Da sich schon bei unserem Abstieg wieder viele Wolken entwickelt hatten, fürchteten wir, dass es bald schneien könnte. Bei Schnee unten am Pass zu warten war nicht sehr verlockend. Oben zu warten und bei Schnee abzusteigen, war es aber auch nicht. Dennoch entschieden wir uns auf Grund unserer Erschöpfung, uns erst noch ein bisschen auszuruhen, bevor wir die Rucksäcke packen und zum Pass absteigen würden. Für weitere zwei Stunden verkrochen wir uns im Lager und dösten noch ein bisschen vor uns hin.


Nach einem kleinen Plausch mit den beiden Hüttenleuten, von denen die Frau ca. doppelt so viel war wie der Mann, packten wir unsere Sachen. Der Hüttenwart sprach ein paar Worte Englisch und klärte uns darüber auf, wie jung die Hütte noch sei. Um 12:48 Uhr verließen wir mit Steigeisen unter den Füßen die Hütte, um an den steilen Stellen direkt nach der Hütte nicht noch im Firn wegzurutschen. Einige Gipfelkandidaten des nächsten Tages kamen uns auf dem Abstieg entgegen.

Sonntag, 7. Juli 2013

Huayna Potosi: Campo Alto Roca

Nach einer ernüchterneden Statistik von drei Wochen mit drei Gipfelversuchen und nur einem Gipfelerfolg, war es an der Zeit den letzten Gipfelversuch für diesen Urlaub zu planen. In Bolivien gibt es insgesamt 13 Sechstausender, die sich durch ihre Eigeschaften wie die tatsächliche Gipfelhöhe, die Schwierigkeit des Anstiegs und die Dauer vom Tal zum Gipfel teilweise deutlich unterscheiden.

Ein Berg sticht jedoch aus der Menge hervor. Es handelt sich um den "Jungen Berg", den Huayna Potosi (in der Sprache der Aymara). Der Huayna Potosi ist 6088m hoch und kann von La Paz aus mit einem Tag Anfahrt und einem zweiten Tag für den Gipfelaufstieg bezwungen werden.


Neben seiner Nähe zu La Paz sieht der Berg auch noch sehr eindrucksvoll aus, da er von keinen anderen ähnlich hohen Bergen umgeben ist. Unser Weg mit Gepäck für zwei Tage führte über eine Straße, die eher einem Feldweg ähnelte, zum Zongo Pass. Dass es diese Straße überhaupt gibt, ist zum Großteil den Bodenschätzen Boliviens zu verdanken, welche durch den Bau von Mienen zur Verbesserung der Infrastruktur beitragen. Nach dem Passieren einer Polizeikontrolle, erreichten wir direkt Fuße des Berges einen Friedhof der Bergleute. Anscheinend wurde die Mine intensiv betrieben:


Unser Fahrer Fredy ließ uns direkt am Zongo Pass, dem Basislager Huayna Potosi, aus dem Wagen und zeigte in Richtung eines verschneiten Pfades, den wir heute noch zu gehen hatten, da wir direkt zum Hochlager aufsteigen wollten.

Um ca. 13:30 starteten wir auf einer Höhe von 4740m und wurden schon nach 15 Minuten wieder aufgehalten, da wir Eintritt für den weiteren Weg zu zahlen hatten. Die alte Frau stellte uns eine Quittung über 20 Bs pro Person aus und ließ uns nach dem Zahlen passieren.


Auf dem unteren Teil des Weges gab es noch ein paar vereiste Stellen zwischen dem Schotter und Geröll, die einiges an Aufmerksamkeit verlangten, da wir mit unserem schweren Gepäck nicht stürzen wollten. Bald gelangten wir an eine Moräne, die es zu ersteigen galt und der Pfad im Schnee wurde etwas steiler.

Schon von weitem konnten wir das Dach der Hütte sehen, welche 2006 auf 5130m von dem lokalen Bergführerverein am Huayna Potosi errichtet worden war, und unser heutiges Ziel darstellte. Die Hütte erreichten wir nach einer Aufstiegszeit von knapp zwei Stunden.

Wie fast überall in Bolivien war es im Innenraum fast so kalt wie draußen und wir ließen uns erst einmal zwei Lager zuweisen. Die Hüttenfrau und ihr Mann lebten in einem kleinen abgetrennten Abteil des Matratzenlagers. Das Lager selber war eine Raum, in den ein Tisch und ca. 10 dicht gedrängte, schmale Hochbetten Platz fanden. Die Hochbetten waren doppelstöckig und der Lattenrost bestand jeweils aus ein paar Brettern, die einiges an Abstand aufwiesen. Teilweise lagen erst Karton und dann dünne Schaumstoffmatten auf den Brettern.

Mir ging es auf Grund einer kleinen Magenverstimmung nicht so gut, und so zog ich es vor, mich erst einmal ein bisschen im Lager auszuruhen. Aus einem Aufenthalt außerhalb der Hütte wurde sowieso nichts, da die wärmende Sonne schon wieder hinter dichten Wolken verschwunden war, die auch unsere Sicht auf die nähere Umgebung einschränkten. Ein wenig später fing es an zu schneien, was deutlich auf dem Wellblechdach über uns zu hören war.


Dieses Mal waren wir mit sehr wenig Aufwand unterwegs und hatten wegen der Kürze der Tour auf einen Koch oder Träger verzichtet und uns einen kleinen Gaskocher, einen Topf und zwei Löffeln ausgeliehen. Das Essen und jegliches Wasser mussten wir ebenfalls den Berg hinauf zum Hochlager tragen. Unsere Wahl im Supermarkt war auf Nudeln mit einer Art grünem Pesto gefallen. Die 2 x 3 Portionen kochten wir um ca. 16:00 und um ca. 18:00 Uhr. Beide Male wurde auf den Nudeln mit Pesto leider nur eine schleimige Pampe...

Das Lager füllte sich nach und nach, bis es um 19:00 Uhr fast voll war. Hauptsächlich handelte es sich anscheinlich um Bergführer in unserem Lager, sowie noch zwei Brasilianer, die am nächsten Morgen auch den Gipfel besteigen wollten. Es gab noch ein anderes Lager über dem Vorraum der Hütte, in dem noch einmal knapp 20 Gäste untergebracht waren.

Donnerstag, 4. Juli 2013

Abends in Sorata

An unserem letzten Abend in Sorata nach der Rückkehr vom Ancohuma probierten wir das Restaurant Sorata aus. Wir betraten den leeren Laden, der eine Mischung zwischen Restaurant und Getränkeverkauf zu sein schien. Der Raum war ein altes Gewölbe mit einer großen Tür und frisch verputzten Wände, die schon einrissen. Die Möblierung bestand aus Campingtischen und kleinen Plastikstühlen. Poster der Bolivianischen Fußballmannschaft hingen an der Wand und wurden teilweise von Bildern von Frauen im Bikini aufgelockert.

Der dicke ca. 30 jährige Wirt fragte: "Dos Cenas?". Wir bejahten, da wir zwei Abendessen wollten und setzten uns in der Erwartung, dass gleich die Karte käme. Es kam keine Karte. Der Wirt rief nach hinten: "Dos Cenas!". Er schnitt ein Brötchen auf und brachte uns Besteck. Kurze Zeit später bekamen wir jeder einen Teller Suppe vorgesetzt. Uns wurde langsam klar, dass dies nicht ein Restaurant war, wie wir es erwartet hatten. Hier würden wir das essen müssen, was auf den Tisch käme.

Auf dem Fernseher, der über dem Kühlschrank der Energieeffizienzklasse A stand, lief ein griseliger Film mit Tom Cruise. Der Kühlschrank schien seine volle Energieeffizienz zu entwickeln, da er scheinbar nicht angeschlossen war oder nicht genutzt wurde. Die Cola hatte jedenfalls Raumthemperatur. Chucks Versuch ein Glas Wein zu bestellen schlug fehl, man hätte ihm aber eine Flasche besorgen können.

Nach der Suppe kam der Hauptgang bestehend aus Reis, gedünsteten Mohrrüben, einer gekochten Scheibe Banane und einem panierten Stück Fleisch. Das Fleisch war so hauchdünn geschnitten, dass man es kaum von der Panade unterscheiden konnte. Das Essen war nicht schlecht. Besonders die Suppe hat gut geschmeckt. Aber es war ein bisschen wenig. Wir waren gespannt auf die Rechnung, mussten dafür den Wirt allerdings von seinem Fernseher wegbringen. Die zwei Flaschen Cola und die zwei Menüs kosteten alles in Allem 30 Bs also ca. 3 Euro.

Wir hatten noch Hunger und beschlossen, uns in dem Mexikanischen Restaurant, in dem wir am Vortag gewesen waren, noch eine Pizza zu teilen. Als kleines Beispiel für die Unterschiede der Preise kostete die kleine Pizza beim Mexikaner 30 Bs also soviel wie das Menü inklusive Getränke für zwei Personen nur 15m weiter.

Gerade hatten wir die Pizza aufgegessen, da kamen ein paar weitere Gäste ins Restaurant. Einer stellte sich vor mich hin und guckte mich an. Sekunden verstrichen. Er stand da und guckte mich an. Ich dachte, dass er mich vielleicht mit irgendwem verwechsle, den er kannte. Allerdings guckte er mich nun schon ziemlich lange an, ohne etwas zu sagen. Plötzlich hörte ich Chuck sagen: "Die kennen wir doch...".

Der Raum füllte sich mit fünf Russen, die als erstes eine Flasche Rum auf den Tisch stellten. Es handelte sich um eine Truppe, die im Lager des Condoriri direkt neben uns kampiert hatten. Sie wollten den Cabeza del Condor zwei Tage nach unserem Versuch probieren. Einer der Russen sprach ein bisschen Deutsch. Sie kamen alle aus einer Stadt südlich des Urals, die halb in Europa und halb in Asien liegt.

Jetzt trafen wir uns hier in Sorata wieder. Während wir am Ancohuma unterwegs waren, waren die Russen am technisch schwierigeren Illampu direkt nebenan zu Gange gewesen. Genau wie uns traf sie das schlechte Wetter im Hochlager. Sie hatten zwei Tage und zwei Nächte auf 5600m bei Schneefall in ihren Zelten zugebracht und waren dann ohne Erfolg am Illampu so wie wir nach Sorata abgestiegen.

Die Schnittmenge unsere Wortschätze betrug ca. 100 Wörter und trotzdem erzählen wir Geschichten von den Bergen und den Bergsteigern. Wir stießen auf die Berge an, auf die Freundschaft und auf die Freiheit, bis die Flasche Rum leer war und Chuck und ich langsam wieder in unser Hotel wollten.

Dienstag, 2. Juli 2013

Gipfelversuch Ancohuma (6427m)

Die Blase zwang mich gegen Mitternacht, das Zelt zu verlassen. Der Blick in den Himmel ließ vorsichtigen Optimismus aufkommen. Das änderte sich dann komplett, als wir gegen 2:30 Uhr das vertraute aber keinesfalls erwünschte Geräusch von stetig rieselnden Schnee vernahmen. Die Begeisterung stand uns in den Gesichtern geschrieben.

Begeisterung um 2:30 Uhr

Trotzdem wollten wir erst einmal etwas essen und krabbelten zu Ricardo in dessen Zelt hinüber. Nach dem mit wenig Lust verzehrten Müsli nahmen wir die Thermosflaschen, die nun mit dem bekannten Dopingmittel Peronin gefüllt waren, entgegen und zogen uns wieder in unser Zelt zurück.

Dort beratschlagten wir, was zu tun sei. Eigentlich geht niemand bei einem solchen Wetter los. Andererseits mussten wir irgendwann zumindest bis zu unserem Material gehen, um jenes wieder einzusammeln. Vor allem aber war hier und jetzt unsere einzige Chance auf diesen Gipfel. Also konnten wir auch ruhig einmal losgehen. Wir wollten aber noch einige Minuten warten, und so starteten wir um 3:50 Uhr.

Der Weg zum Material war durch den Neuschnee nicht angenehmer geworden, und es schneite munter weiter.

Im Schneetreiben

Eine halbe Stunden später waren wir bei unserem Material, das inzwischen ein weißes Kleid trug. Um 4:35 Uhr brachen wir angeseilt auf, den Gletscher zu ersteigen.

Verschneites Material

Zunächst lief es noch ganz gut, ließen sich die Spuren von unserem Erkundungsgang meistens doch noch erkennen. Aber dieser Komfort endete ja schon auf ca. 5500mH. Danach wurde die Wegfindung richtig anspruchsvoll. Wenn mal etwas mehr zu erkennen war, dann sah das so wie auf dem Foto aus.

Auf dem vernebelten Gletscher

Oftmals aber war fast keine Sicht. Dafür entpuppte sich der Gletscher als einer der eher spaltenreichen Sorte, so dass wir immer wieder um solche herumgehen mussten. Zwischendurch keimte in uns die Hoffnung auf, dass sich das Wetter bessern könnte. Der Mond und ein paar Sterne waren zu sehen. Doch dieser Schein trog, denn kurz darauf setzte erneut Schneefall ein. Mit beginnendem Tageslicht gab es dann noch einmal eine Schneepause, und wir sahen, dass wir nun schon den größten Teil des zerrissenen Gletschers hinter uns hatten.

Hin und wieder gab es auch mal etwas Eisarbeit zu tun, wie auf dem Foto zu sehen ist.


Leider zog sich der Himmel bald wieder zu, und der Schneefall wurde heftiger. Ich begann nun, mir ernsthaft Sorgen zu machen, wie wir in diesem "Whiteout" den Weg zurück finden sollten. Auch J.O. bemerkte, dass er keinen Sinn im Weitermachen sah, und so entschlossen wir uns um 7:35 Uhr in 5820mH schweren Herzens zur Umkehr.

Am Umkehrpunkt

Der Rückweg erwies sich als genau so schwierig wie befürchtet. Natürlich war unsere Aufstiegsspur bald nicht mehr zu sehen, und so mussten wir erneut beginnen, uns einen Weg durch das Gletscherlabyrinth zu bahnen. Als wir schon ungefähr auf der Höhe des Einstiegs waren, meinte J.O., dass wir uns auf eine Felswand zu bewegen sollten. Ich war skeptisch, da wir meiner Meinung nach zu weit links herausgekommen waren. Kurze Zeit später erwies sich meine Skepsis als berechtigt. Mir war allerdings so, als ob mir vom Vortag die Lage dieser Wand bekannt vorkam, und so sagte ich, dass wir nach rechts queren müssten.

Tatsächlich erreichten wir um 9:20 Uhr wieder unseren Anseilplatz und waren dem Gletscher entronnen.

Dem Gletscher entronnen

Vierzig Minuten später hatten wir uns erneut erfolgreich durch den nun noch heikleren Geröllhang gekämpft und waren an unserem Lager angekommen. Fast gleichzeitig mit uns trafen die drei Träger vom Vortag ein. Wir mussten uns erst einmal in unserem Zelt etwas ausruhen, während die anderen schon begannen, das Lager abzubauen. Das war wegen des Neuschnees natürlich auch nicht so spaßig.

Beim Abbau des Lagers

Schließlich packten auch wir unsere Sachen zusammen und begannen gemeinsam mit Ricardo und den Trägern den Abstieg. Natürlich waren letztgenannte uns trotz der widrigen Verhältnisse bald weit voraus.

Unsere Träger im verschneiten Geröllhang

Montag, 1. Juli 2013

Lager III: Campo Alto

Die drei Träger, die uns heute zum Hochlager begleiten sollten, hatten keine Zelte dabei. Wir wunderten uns schon ein bisschen, wie das logistisch alles klappen sollte. Am Abend erfuhren wir, dass sie in dieser Nacht mit dem Koch in einem Zelt schlafen würden. Die nächste Nacht würde allerdings ein bisschen kälter werden, da sie diese im Küchenzelt ohne Isomatten und nur mit alten Decken verbringen würden. Wir sind uns nicht ganz sicher, ob unsere Agentur oder unser Koch (als der lokale Organisator des Transports) sich um die Ausrüstung der Träger hätte kümmern müssen. Jedenfalls würden die Träger ohne richtiges Zelt und vor allem die nächste Nacht auch ohne Kocher (den wir im Hochlager brauchten) hier auf 5038m Höhe übernachten müssen.

Ich war ganz gut von Andean Expeditions ausgestattet worden und hatte eine dünne Isomatte zum Unterlegen und eine dicke selbstaufblasende zum Darüberlegen. Ich hatte noch überlegt, die dünne vielleicht für die Täger im Lager zu lassen, leider war aber die dicke Matte gleich am ersten Tag kaputt gegangen. Sie hatte mehrere sehr lange Schnitte am Kopfende, sodass keine Luft mehr gehalten wurde, die Isolation also deutlich schlechter war. Beim Verteilen der Gewichte auf die Esel, hatten die Eseltreiber die Matte wohl in den selben Sack wie die Eisgeräte gesteckt.

Diese Nacht ging es den Trägern jedenfalls wärmetechnisch im Zelt des Kochs noch ziemlich gut. Jedenfalls wurden abends und morgens in dem Zelt hörbar viele Scherze gemacht. Selbst wenn wir unser Spanisch aufgebessert hätten, hätten wir die Scherze übrigens nicht verstanden, da die hier lebenden Leute untereinander meist Aymara sprechen. Aymara ist ähnlich wie Quetschua eine Sprache der Ureinwohner. In Bolivien wird je nach Landstrich mal Aymara und mal Quetschua gesprochen. Trotz der geringen lokalen Distanz sollen die Sprachen sehr unterschiedlich sein.


So gegen 9:00 Uhr begannen wir, alles an Gepäck herauszuholen und neu zu packen, damit wir mit drei anstelle von sechs Trägern auskommen würden. Es gab kaum etwas, das wir unten lassen konnten, da wir das Zelt mit den Isomatten und Schlafsäcken genau so brauchen würden, wie unsere technische Ausrüstung und Kleidung für den Berg.


Es mag ein bisschen fies erscheinen, einem Träger, der kleiner ist als wir selber, einen Rucksack aufzudrücken, den wir nicht mal selber tragen würden. Man muss aber dazu wissen, dass zum Einen die Träger hier mit einem Puls von 80 durchs Lager laufen, während unserer bei ca. 120 liegt. Zum Anderen ist die Bezahlung der Träger pro Tag im Vergleich mit anderen Arbeiten vor Ort sehr lukrativ.


Der Weg von der Laguna Glaciar zum Campo Alto führte uns einen ziemlich ätzenden Blockhang hinauf. An einigen Stellen waren die Blöcke so groß, dass man über sie hinüber balancieren oder zwischen ihnen herspringen musste.


Wieder einmal sahen wir kein Hinterherkommen hinter unseren Trägern. Hier auf über 5000m Höhe hatten wir erwartet, dass auch sie etwas langsamer als am Vortag wären. Aber wir waren eben noch viel langsamer.

Nach dem steilen Geröllfeld kamen noch ein paar plattige aber auch nur sehr kurze Felspassagen, bis wir oben auf der Gletschermoräne ankamen. Wir mussten ganz schön um den Ancohuma herumlaufen, um einmal seinen Gipfel und unsere Aufstiegsseite zu sehen.


Nach knapp zwei Stunden und ca. 400 Höhenmeter über dem vorherigen Lager warteten unsere Träger auf uns. Wir waren etwas irritiert. In unserem Führer hatten wir gelesen, dass das Camp auf 5700m und nicht schon auf 5400m sein sollte. So würden wir für unsere Gipfeletappe fast noch einmal die Hälfte an Höhenmetern drauflegen müssen. Wir erkundigten uns, ob es nicht noch ein höheres Camp gäbe. Der Koch meinte, dass es noch eine Möglichkeit in 20-30 Minuten gäbe, die dann aber nicht mehr auf Fels sondern auf dem Gletscher sei. 20 weitere Minuten würden uns am nächsten Morgen auch nicht so viel bringen, und so entschieden wir uns zu bleiben.

Das Lager war schnell errichtet, und kurz vor 15:00 Uhr entschieden wir uns, noch den Einstieg zum Gletscher zu finden und schon einiges an Material für den nächsten Morgen dort zu deponieren.


Der Weiterweg direkt hinter dem Lager war besonders ätzend. Es ging den steilen Moränenhang entlang, der links in den Eiswänden des Gletschers endete, der sich rechts bestehend aus Erde und Geröll steil den Hang hinaufzog und der in der Mitte dauernd unter unseren Füßen wegbrach. Es war schon eine gute Entscheidung, dass die Träger hier nicht weitergegangen waren.


Nach den beschriebenen 20 Minuten erreichten wir den Einstieg zum Gletscher auf einer Höhe von 5430m und somit auf einer Höhe mit unserem Lager.


Der Gletscher ist ziemlich zerrissen von vielen kleinen und großen Spalten. Diese Spalten öffneten sich mal zu großen Eiswänden, bildeten große Einschnitte oder versteckten sich unter einer hauchdünnen Schicht Eis und Schnee, die einen Bergsteiger oft nicht mehr halten kann.


Leider fanden wir auf dem Gletscher keine ersichtlichen Spuren (letzte Woche hatte es noch so viel geschneit, dass  eine Gruppe von der Laguna Glaciar gar nicht mehr zum Campo Alto aufgestiegen war). Da wir noch ein bisschen Zeit vor dem Schlafengehen hatten, schraubten wir uns im Zick-Zack-Kurs bis auf eine Höhe von 5513m hoch, wofür wir eine knappe Stunde gebraucht hatten. Danach kehrten wir kein bisschen zu früh zum Lager zurück, denn es war mittlerweile empfindlich kalt geworden.

Ricardo hatte schon Eis geschmolzen und Teewasser bereit. Hier oben auf 5420m musste das sonst von ihm zubereitete Dreigängemenü einer Nudelsuppe weichen.

Sonntag, 30. Juni 2013

Lager II: Laguna Glaciar

Heute Nacht musste es irgendwie besonders kalt gewesen sein. Nach dem obligatorischen Aufstehen zwecks Entsorgung überflüssiger Flüssigkeit wurde mir jedenfalls nicht mehr richtig warm im Schlafsack. So hatte ich dann auch das Gefühl, dass die Nacht sich ziemlich hinzog.

Um 7:30 Uhr kam endlich Bewegung auch bei meinem Nachbarn auf. Das Thermometer zeigte um die Zeit übrigens 0,5 Grad an, was schon ein neuer Minusrekord war. Es dauerte bis kurz vor 8:00 Uhr, bis wir im Küchenzelt zum Frühstück erschienen.

Um die Zeit waren auch schon die Träger eingetroffen. Sie hatten sich etwas oberhalb hingesetzt, wo die Sonne schon gerade so hingekommen war. Leider hatte sie die Zelte noch nicht erreicht, was aber gut gewesen wäre, da diese stark befroren bzw. innen auch nass von Kondeswasser waren. Wir schafften es nicht mehr, sie ganz zu trocknen. Das musste dann eben am Nachmittag nach dem Wiederaufbau geschehen.

Beim Aufteilen des Gepäcks auf die Träger
Die Gepäckstücke wurden auf insgesamt sechs Träger verteilt. Wir gingen um 9:30 Uhr los. Die Träger legten ein Tempo vor, das wir unmöglich halten konnten. So blieben wir bei Ricardo. Zunächst mussten wir über den Titisani-Pass gehen. Dann zog sich der Weg, immer mehr oder weniger steil ansteigend, eine lange Zeit entlang einer Bergflanke hinauf. Immer wieder konnten wir bis nach Sorata hinunter- und zum Illampu hinaufschauen. Auch der Ancohuma schaute immer mal von weit oben auf uns herab.

Die Bergflanke, die wir hinauf mussten, im Hintergrund der Ancohuma


Um 12:35 Uhr machten wir eine Mittagsrast in 4860mH. Es gab Sandwiches mit Avocado, Tomaten, Käse und Kochschinken.

Mittagsrast
Nach einer Dreiviertelstunde ging es weiter, und schließlich erreichten wir um 13:45 Uhr das Lager an der Laguna Glaciar in 5026mH. Hier warteten schon die Träger auf uns, von denen drei dann auch wieder hinunter ins Tal gingen. Drei andere blieben hier, um morgen das Gepäck ins Hochlager zu schaffen.

Wir bauten als erstes die Zelte auf, was in dieser Höhe erstaunlich anstrengend war. Es lag wohl am ewigen Bücken und wieder Hochkommen, was unseren Kreisläufen zu schaffen machte. Schließlich war das erledigt, und wir genossen einen Tee mit Kuchen im Zelt.

Bei Tee und Kuchen

Abendstimmung am Lager

Samstag, 29. Juni 2013

Lager I: Laguna Chilata

Unser Tag in dem Hotel las Piedras begann mit einem Frühstück, zu dem es frische Sauerteigbrötchen gab, die Stefan gebacken hatte. Dazu gab es zwei Sorten Marmelade, die Petra selber gekocht hatte, und Honig, den wir bisher noch nicht in Bolivien gefunden hatten.

Wie am Vortag abgesprochen, war Stefan pünktlich mit seinem Jeep an dem Hotel, um uns zum Treffpunkt mit den Eseln  zu bringen. Ricardo kam auch ein bisschen später an und wir konnten nun endlich noch einmal über die Organisation des Transports sprechen, die Ricardo übernommen hatte. Wir würden mit vier Maultieren zum ersten Lager gehen. Vom ersten ins zweite sollten uns 7 Träger begleiten. Das kleine Hochlager vom zweiten Lager aus würden drei Träger mit uns einrichten werden.

Knapp um 9:30 Uhr saßen wir, von Stefan ausgeladen, an einer Straße auf 3200m Höhe und warteten auf die Tiere, die nach und nach eintrafen.


Es wurde alles in genau sieben Säcke gepackt, die dann auf die vier Maultiere verteilt wurden. Unter den Mulitreibern waren zwei junge Männer und anscheinend die Frau von Ricardo unserem Koch sowie deren neunjähriger Sohn.


Das Tempo, das Ricardo bergauf vorlegte, war für meinen Geschmack am Anfang ziemlich zügig. Die Tiere liefen auch noch relativ willig den Hang hinauf. Nach ca. zwei Stunden wurde es für eines der Maultiere aber ein bisschen beschwerlicher, und es musste immer wieder angetrieben oder ein Stück gezogen werden.


Über uns thronte die meiste Zeit der Illampu mit seinen 6368 Metern, der als der schwerste 6000er in Bolivien gilt. Unser Ziel, den Ancohuma, der mit 6427 Metern noch ein bisschen höher ist, sahen wir erst nach fast drei Stunden einmal hervorgucken.


Der Sohn von Ricardo war die ganze Zeit vorne mit dabei und trieb zeitweise zwei der Maultiere an.


Nach 3h15 hatten wir die Laguna Chilata erreicht, an der wir auf 4204m, also mehr als 1400m höher als Sorata unser erstes Lager aufschlugen. Erst einmal machten wir uns aber Sandwiches zum Mittag. Das Brot hatte, auf die Mulis gebunden, leider etwas gelitten, die Atmosphäre wog das zerfallende Toastbrot aber wieder auf.