Freitag, 21. Juni 2013

Fahrt zum Condoriri-Basislager

Gestern gab es noch die ein oder andere Ungereimtheit bzgl. unserer heutigen Rückfahrt nach Copacabana zu klären. Eigentlich begann das ganze schon vorgestern, als unser Hotelchef erklärte, es gäbe kein öffentliches Boot, das so fährt, dass wir um 9:30 Uhr in Copacabana wären. Das erste Boot führe um 10:00 Uhr und wäre eine Stunde später dort. Also hatte J.O. mit Michael telefoniert und ihm erklärt, dass wir später kämen.

Gestern Abend dann tauchte plötzlich der Bootsführer von unserer Hinfahrt auf und meinte, wir müssten ja heute früh raus, da sein Boot ja schon um 9:30 Uhr in Copacabana wäre. Unsere Gesichter erhielten nun den typischen Fragezeichenausdruck. Etwas später tauchte eines der angestellten Mädels mit einem Handy auf und reichte J.O. selbiges. Am anderen Ende war der Hotelchef, der erklärte, wir müssten zum kleinen Hafen auf der anderen Seite der Insel, und die Abfahrtszeit bliebe bei 10:00 Uhr. Den Weg dorthin bekämen wir gezeigt. Nun war ja alles klar!

Am Abend erhielten wir dann noch die Info, dass morgen das Andinische Neue Jahr wäre und es daher am Aussichtspunkt oberhalb des Hotels eine Feier zum Sonnenaufgang gäbe. Wir müssten so um 6:00 Uhr dort sein. Nun, nach der langen Wanderung heute und mit der Aussicht, in der Kälte bei Dunkelheit draußen zu stehen, hielt sich unsere Begeisterung in Grenzen.

Als ich aufwachte, war die Sonne noch nicht am Himmel, das erste Grau des Morgens aber schon da und immer noch einige Leute auf dem Weg nach oben. Müde war ich nicht mehr, also entschloss ich mich blitzschnell, in die Klamotten zu steigen und, mit der Kamera bewaffnet, den Platz der Zeremonie zu erklimmen.

Ich kam offensichtlich gerade rechtzeitig. Sicher 150 Personen, bunt gemischt aus Einheimischen in ihren typischen Trachten und einigen Touristen wie mir, versammelten sich hier. Mit dabei war auch eine Musikgruppe und ein Lama, letzteres ebenfalls geschmückt. Kurz vor Sonnenaufgang wurde dann das erste Mal die Musik angestimmt, dominiert von einer großen Trommel und vielen Flöten. Dazu tanzte eine Gruppe Frauen und Männer mit dem Lama vorweg um den Platz.

Als die Musik verstummte, ging kurze Zeit später die Sonne am Illampu auf. Ein bewegender Moment. Ein alter Mann sprach offenbar ein Gebet und alle knieten nieder und hoben die Hände in den Himmel. Es störte offenbar niemanden, dass wir Touristen der Zeremonie beiwohnten.

Nach einer Weile begann die Musik von Neuem, länger und wilder diesmal. Die Kreise, die im Laufschritt mit dem Lama gezogen wurden, wurden größer. Als die Musik verstummte, verstand ich, wozu das Loch diente, das, frisch ausgegraben, mir schon vorher aufgefallen war. Das Lama wurde von ein paar Männern niedergerungen und anschließend durch einen Schnitt indie Kehle getötet. Das Loch diente zum Auffangen des Blutes. Dieser Teil der Zeremonie wirkte auf mich verständlicherweise befremdlich. Michael hatte uns schon vorher erzählt, dass hier das Christentum und die traditionelle Religion nebeneinander existierten.
Blick zum Anleger
Mein Zeitgefühl riet mir ebenfalls, den Ort nun zu verlassen. J.O. war inzwischen wach und meinte, wir müssten uns nun ein wenig beeilen. Tatsächlich wurden wir um 9:00 Uhr von einer der Angestellten bis hinunter zu dem kleinen Anlegerplatz geführt, was gerade einmal 15 Minuten dauerte.
Weg zum Anleger
Um 10:00 Uhr tauchte dann auch ein ziemlich kleines Boot auf, das uns zusammen mit zwei anderen Deutschen aufnahm und sofort ablegte. Es fuhr nun aber nicht direkt nach Copacabana sondern zunächst wieder zu dem Anleger, wo wir vor zwei Tagen ausstiegen. Dort wurden noch vier Personen eingeladen.

Auch jetzt fuhren wir nicht nach Copacabana. Stattdessen ging es auf kürzestem Weg zum Festland. Dort mussten wir in einen Minibus umsteigen, der uns über eine Schotterstraße nach Copacabana brachte. Mit einer halben Stunde Verspätung trafen wir dor tein und wurden von unserem Fahrer und unserem Koch bereits erwartet. Letzterer war nun aber nicht der uns angekündigte Arles sondern hieß Proximo und arbeitete nicht bereits seit 15 Jahren für Andean Expeditions sondern das erste Mal. Und anders als Arles sprach er kein Wort englisch, was die Verständigung etwas erschwerte.

Zunächst fuhren wir eine ganze Weile wieder in Richtung La Paz zurück, bevor es dann links ab auf eine Schotterstraße ging. Ungefähr eine Stunde lang holperten wir durch eine immer kargere Gegend dem Ende der Straße entgegen.
Eindrucksvolle Berge über karger Landschaft
Hatten die Lehmhütten zunächst noch Stromanschluss, so fehlte der irgendwann auch. Es fiel mir schwer, mir ein Leben unter diesen Umständen vorzustellen. Auf den kargen Weiden fanden sich immer wieder kleine Lamaherden, die von wenigen, im Staub sitzenden Menschen bewacht wurden.
Huayna Potosi, 6088m
Die Condoriri-Gruppe
Auf ungefähr 4500mH endete die Straße vor einem kleinen Aufschwung. Hier warteten bereits die Esel und deren Führer auf uns. Auf insgesamt fünf Tiere wurde unser Gepäck verteilt, und schon ging es los.

Beim Packen
Gleichberechtigung der Frau
Unser Fahrzeug auf dem Weg zurück
Wir folgten unserem Proxi, wie wir ihn nennen sollten, der ein sehr gemütliches Tempo anschlug, und erreichten eine gute Stunde später das Basislager in 4700m Höhe.

Der Chiar Khota See, am Ende das Basislager
Die Sonne war bereits hinter den Bergen verschwunden, und so hielten wir uns nicht lange mit dem Bestaunen der wundervollen Umgebung auf sondern gingen gleich daran, die Zelte aufzubauen. Wir begannen mit dem Koch- und Esszelt, worin Proxi dann seine Untensilien verstaute, während J.O. und ich die beiden Schlafzelte errichteten. Sie stellten sich als geräumig genung für zwei Personen heraus und machten auch sonst einen guten Eindruck.
Entladen der Esel
Während wir noch am Einrichten waren, tauchte schon der "Basislagerwart" auf und kassierte die Benutzungsgebühr in Höhe von10 Bolivianos pro Person und Nacht ab. Ich fühlte mich fast wie auf dem heimischen Ith-Zeltplatz, nur dass es hier oben immerhin mehrere Klohäuschen gab, die sogar über je ein Sitzklo mit Wasserspülung in Form eines Eimers und einer Wassertonne verfügten.

Es dauerte nicht lange, da rief uns Proxi schon zum Abendessen, das, wie alle folgenden auch, aus drei Gängen bestand: einer Suppe, dem Hauptgang und einer Nachspeise aus Obst. Dazu gab es reichlich Tee - natürlich mit Coca-Blättern - und auch Coca Cola. So ließ es sich hier oben zumindest in bezug auf die Ernährung aushalten.

Da wir am nächsten Tag keine Tour planten sondern nur zur Akklimatisation die Wege zu den Einstiegen erkunden wollten,vereinbarten wir die Frühstückszeit um 8:00 Uhr. Um die Zeit sollte dann auch die Sonne am Lager angekommen sein.


Wir verschwanden nun schnell in unserem Zelt und dort in den Schlafsäcken, da die Kälte mit Macht in unsere Knochen drängte.

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